Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Der 27. Januar ist ein bundesweiter Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Unter diesen waren auch schwule, lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen.

Jedes Jahr wird am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, den Opfern des NS-Regimes gedacht. Unter den Opfergruppen des Nationalsozialismus befanden sich neben jüdischen Menschen, Rom_nja und Sinti_ze1, Menschen mit Behinderung, den politisch Verfolgten und weiteren Gruppen auch lsbtiq„LSBTIQ*“ oder ähnliche Zusammensetzungen dienen als Abkürzung für „Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans-, intergeschlechtliche und queere Menschen“. „Lsbtiq*“ steht entsprechend für „lesbisch, schwul, bisexuell, trans-, intergeschlechtlich und queer“. Menschen.
Schwule, bisexuelleBisexuelle Menschen beschreiben ihre sexuelle Orientierung unterschiedlich: Als romantische und/oder sexuelle Anziehung zu Frauen und Männern, als Anziehung zu dem eigenen Geschlecht oder zu generell mehr als einem Geschlecht. und andere Männer, die sexuelle Kontakte mit Männern hatten, wurden vom NS-Regime systematisch verfolgt. Rund 90.000 wurden polizeilich erfasst, davon wurden 50.000 zu Freiheitsstrafen verurteilt.2 Bis zu 15.000 wurden in Konzentrationslagern inhaftiert.3 Tausende von ihnen wurden umgebracht.4
Auch lesbischeFrauen, die sich emotional und/oder sexuell in erster Linie zu Frauen hingezogen fühlen, bezeichnen sich häufig als lesbisch./bisexuelle Frauen, transTransgeschlechtliche Menschen identifizieren sich nicht oder nicht nur mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.* und interIntergeschlechtliche (lat. „inter“: zwischen) Menschen haben angeborene körperliche Merkmale, die sich nach medizinischen Normen nicht eindeutig als (nur) männlich oder (nur) weiblich einordnen lassen.* Menschen wurden denunziert, in Konzentrationslagern inhaftiert und/oder gefoltert.5 Wie viele von ihnen interniert und ermordet wurden, ist unklar. Eine weitere Aufarbeitung der Geschichte zu inter*, trans* und lesbischen Opfern des Nationalsozialismus ist dringend notwendig.
Zudem gab es LSBTIQ unter den Menschen, die aus anderen Gründen – zum Beispiel als Jüd_innen, Rom_nja, Sinti_ze, wegen ihrer Behinderung oder ihren politischen Ansichten – verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden.
Neben dem Erinnern und Gedenken an die Opfer kann der Gedenktag auch dazu dienen, auf noch immer existierende Formen des Antisemitismus, Rassismus, der Behinderten- und LSBTIQ-Feindlichkeit und weitere DiskriminierungsformenDiskriminierung bedeutet, dass Menschen schlechter behandelt werden oder Nachteile für sie bestehen, weil sie bestimmte Merkmale haben beziehungsweise ihnen diese Merkmale zugeschrieben werden. sowie auf das zerstörerische Potenzial menschenverachtender Ideologien aufmerksam zu machen.
Zur Verfolgung von schwulen und bisexuellen Männern im NS-Regime, ihrer Kriminalisierung bis weit in die Nachkriegszeit sowie ihrer Rehabilitierung und Entschädigung können Sie in diesem Artikel mehr lesen.
1 Bei "Rom_nja und Sinti_ze" handelt es sich um die gegenderte Version von "Roma und Sinti". Vgl. Neue deutsche Medienmacher e. V. (2019): "Roma" sowie "Sinti". In: NdM-Glossar. Wörterverzeichnis der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM) mit Formulierungshilfen, Erläuterungen und alternativen Begriffen für die Berichterstattung in der Einwanderungsgesellschaft, S. 44 sowie S. 45. Zuletzt abgerufen am 26.11.2019 von www.neuemedienmacher.de/Glossar_Webversion.pdf.
2 Jochheim, Gernot (2016): "Homosexuelle". In: Bundeszentrale für politische Bildung, 21.12.2016. Zuletzt abgerufen am 26.11.2019 von www.bpb.de/izpb/239460/homosexuelle.
3 Bundeszentrale für politische Bildung (2014): "1994: Homosexualität nicht mehr strafbar". In: Bundeszentrale für politische Bildung, 07.03.2014. Zuletzt abgerufen am 03.12.2018 von www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/180263/24-jahre-homosexualitaet-straffrei.
4 Ebd.
5 Boxhammer, Ingeborg/Leidinger, Christiane (2014): "Sexismus, Heteronormativität und (staatliche) Öffentlichkeit im Nationalsozialismus. Eine queer-feministische Perspektive auf die Verfolgung von Lesben und/oder Trans* in (straf-)rechtlichen Kontexten". In: Schwartz, Michael (2014): Homosexuelle im Nationalsozialismus. Neue Forschungsperspektiven zu Lebenssituationen von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen 1933 bis 1945. München: De Gruyter Oldenbourg. S. 93-100. Zuletzt abgerufen am 03.12.2019 von sexualityandholocaust.files.wordpress.com/2018/10/boxhammer-leidinger.pdf; Plötz, Kirsten/Reusch, Nina (o. D.): "Repression gegen Intersexuelle". In: LSBTTIQ in Baden und Württemberg. Lebenswelten, Repression und Verfolgung im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik Deutschland. Zuletzt abgerufen am 03.12.2019 von www.lsbttiq-bw.de/historischer-kontext/repressionen/repression-gegen-inters/; Klöppel, Ulrike (2014): "Intersex im Nationalsozialismus. Ein Überblick über den Forschungsbedarf". In: Schwartz, Michael (2014): Homosexuelle im Nationalsozialismus. Neue Forschungsperspektiven zu Lebenssituationen von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen 1933 bis 1945. München: De Gruyter Oldenbourg. S. 107-114. Zuletzt abgerufen am 03.12.2019 von sexualityandholocaust.files.wordpress.com/2018/10/klocc88ppel_intersex.pdf; Urgast, Steff (2017): "Endlich Denkmal für lesbische Nazi-Opfer?". In: siegessäule.de, 28.04.2017. Zuletzt abgerufen am 03.12.2019 von www.siegessaeule.de/no_cache/newscomments/article/3280-endlich-denkmal-fuer-lesbische-nazi-opfer.html; Schoppmann, Claudia interviewt von Schulteß, Franziska (2018): "Lesben im Nationalsozialismus: "Auch weibliche Homosexualität galt als 'entartet'"". In: siegessäule.de, 03.01.2018. Zuletzt abgerufen am 03.12.2019 von www.siegessaeule.de/no_cache/newscomments/article/3701-lesben-im-nationalsozialismus-auch-weibliche-homosexualitaet-galt-als-entartet.html.