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Geschichte des Christopher Street Days

Jedes Jahr feiern queere Menschen den Christopher Street Day (CSD) in bunter Vielfalt. Doch warum geht es da eigentlich, was hat es mit dem Namen auf sich und wie hat sich der CSD über die Jahre verändert?

Heiner Schulze arbeitet als Sozialwissenschaftler im Bildungs- und Kulturbereich. Darüber hinaus ist er im Vorstand des Schwulen Museums Berlin in den Bereichen Veranstaltung und Bibliothek/Archiv aktiv. Seine Interessen- und Forschungsgebiete umfassen unter anderem soziale Ungleichheit und Marginalisierung, queere Geschichte und Geschichtsschreibung sowie kollektives Trauma, vor allem im Kontext von HIV/AIDS.

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[Einblendung des Schriftzugs „Geschichte des Christopher Street Days”, unten links im Bild erscheint das Logo des Regenbogenportals. Danach wird die Frage „Was ist der Christoper Street Day?” eingeblendet. Heiner Schulze, Vorstandsmitglied im Schwulen Museum Berlin, spricht. Er sitzt in einem hellen Raum. Im Hintergrund steht ein Regal, auf dem Bücher liegen und eine Vase steht.]

„Der Christopher Street Day ist ein Tag oder ein Zeitraum, an dem queere Menschen für sich und für ihre Belange auf die Straße gehen, Öffentlichkeit herstellen und ihre Forderungen erheben. Das kann oftmals eine Parade sein, mittlerweile auch in ganz kleinen Städten wie Weimar oder Altötting, aber oftmals gibt es auch Sachen wie eine Veranstaltung dazu, oder es gibt andere Aktionen, Proteste, oder Stände, die informieren – es kann eine ganze Bandbreite von möglichen Sachen sein.”

[Die Frage „Was ist die Christopher Street?” wird auf der rechten Seite des Bildes eingeblendet. Heiner Schulze spricht wieder.]

„Der Name Christopher Street Day kommt von der Christopher Street in New York City. In dieser Straße haben sich 1969 bei den sogenannten Stonewall-Aufständen queere Menschen gegen Polizeiwillkür zur Wehr gesetzt. Das war zwar nicht das erste Mal, aber das vielleicht bekannteste Mal, dass das passiert ist, und das wurde dann auch zum Anstoß für die moderne queere Bewegung.”

[Links unten im Bild erscheint die Frage „Sind deutsche CSDs anders als amerikanische?”, die Heiner Schulze beantwortet.]

„Die Christopher Street Days in Deutschland sind teilweise anders als in den USA. Es gibt zwar gemeinsame Themen: Sichtbarkeit ist ein präsentes Thema überall. Aber hier gibt es auch historische Unterschiede, die einfach von Belang sind. Sehr bekannt war der Paragraph 175, der mann-männliche Homosexualität unter Strafe gestellt hat. Männer kamen hier auch ins KZ deswegen, auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Zehntausende verfolgt. Das gab es in den USA in der Form nicht.”

[Rechts unten im Bild wird die Frage „Wie haben sich CSDs in Deutschland entwickelt?” eingeblendet. Heiner Schulze führt seine Ausführungen fort.]

„Geändert hat sich seit Beginn der Christopher Street Days, ungefähr seit Beginn der 1970er-Jahre, dass sich die Themen verfeinert haben. Während es zu Beginn oftmals noch allgemein darum ging, sichtbar zu sein, hat man heutzutage, wenn man da Paraden mit Hunderttausenden von Leuten hat, eine allgemeine Sichtbarkeit schon erreicht. Jetzt ist es eher so, dass da mehr ins Detail gegangen wird und wir schauen: Welche Gruppen sind vielleicht trotzdem immer noch nicht sichtbar? Zeitgleich wandeln sich einfach die Themen: Mittlerweile ist der Paragraph 175 abgeschafft, der Homosexualität unter Strafe stellte, es gibt sowas wie ein allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, und so haben sich Themen einfach immer verändert. Es gibt aber auch immer noch ähnliche Themen, sowas wie lesbische Sichtbarkeit ist immer noch ein großes Thema.”

[Die Frage „Was hat es mit den Pride Days auf sich?” wird links unten im Bild eingeblendet. Heiner Schulze spricht.]

„In vielen anderen Ländern heißt der Christopher Street Day oftmals Pride. Pride heißt Stolz. Allerdings hat es bei diesem Stolz weniger damit zu tun, stolz zu sein auf eine ja jetzt eher zufällige sexuelle Orientierung, sondern es geht eher um einen Widerstand gegen die Scham und das Stigma, das viele Leute immer noch erleben. Zeitgleich ist es auch einfach ein Sich-selbst-Feiern und Stolz-darauf-Sein, dass man selbst anders ist und auch den Mut hat, sich dazu zu bekennen – wenn man es kann oder will. Es ist auch immer eine Gelegenheit, stolz zu sein auf die eigenen politischen Erfolge und Errungenschaften, und auf die Held*innen, die in der Vergangenheit für uns gekämpft haben.”

[Das Interview endet mit der Frage „Wer gehört zur Szene?”, die Heiner Schulze beantwortet. Er wird erneut eingeblendet.]

„Die queere Szene ist ein ganz bunter Haufen. Obwohl zwar schwule Männer medial sehr präsent sind, gibt es diese ganze Bandbreite von Personen, die da mit drunter fallen. Sie reicht von den schon genannten schwulen Männern bis zu Lesben, Bisexuellen, transgender Leuten, Intersexuellen – alle möglichen anderen Leute, die ganz viele verschiedene sexuelle Orientierungen oder geschlechtliche Identitäten haben können.”

[Das Interview ist beendet. Auf einem weißen Schlussscreen wird links oben das Logo des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie rechts oben das Logo des Regenbogenportals angezeigt. Unten im Bild steht „Konzeption: ABqueer e.V. – Aufklärung und Beratung zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, FLMH | Labor für Politik und Kommunikation” sowie darunter „Umsetzung: Tobias Büchner”.]