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Geschlechtsidentität und Geschlechtsausdruck

Wie Menschen sich geschlechtlich erleben und präsentieren, ist sehr unterschiedlich. Zwei zentrale Begriffe dafür stellen wir hier vor.

Vielleicht sagen Sie über sich: Ich bin ein Mann. Oder Sie fühlen sich als eine Frau. Oder als beides. Oder Ihr Selbsterleben ist dazwischen oder verändert sich. Oder Sie wissen ganz genau: Ich bin weder noch.

Wer bin ich? Geschlechtsidentität

Das innere Wissen und Empfinden über die eigene geschlechtliche Zugehörigkeit bezeichnet man als Geschlechtsidentität (auch „Geschlechtswissen“ oder nur „Geschlecht“).

Die meisten Menschen wissen recht früh, ob sie sich als Junge, Mädchen oder einem weiteren Geschlecht zugehörig fühlen. Manchmal kann sich die Geschlechtsidentität im Lauf des Lebens auch noch verschieben.

Cis und trans*

Bei vielen Menschen stimmt die Geschlechtszuordnung, die bei ihrer Geburt vorgenommen wurde mit ihrem Fühlen/Wissen über sich selbst überein (cis). Bei anderen ist das nicht der Fall – zum Beispiel bei trans* Jungen, nicht-binären Menschen oder trans* Frauen. Daneben existieren noch weitere Selbstbezeichnungen für die Geschlechtsidentität.

Wie zeige ich (mein) Geschlecht? Geschlechtsausdruck

Die Geschlechtsidentität eines Menschen ist nicht von außen erkennbar. Geschlecht hat aber auch eine sicht- und hörbare Komponente: den Geschlechtsausdruck. Damit wird bezeichnet, wie ein Mensch zum Beispiel sich kleidet oder spricht und so Geschlecht zum Ausdruck bringt. 

Häufig passiert es, dass vom Geschlechtsausdruck einer Person auf deren Geschlechtsidentität geschlossen wird. Dann gelten zum Beispiel Rock und Lippenstift als Beleg dafür, dass jemand sich feminin fühlt. Damit kann man sich jedoch leicht irren: Zum einen bedeuten ein Ohrring, ein kurzer Haarschnitt oder übereinander geschlagene Beine nicht für alle das Gleiche. Zum anderen entscheiden sich manche Menschen bewusst zum Beispiel für ein „maskulineres“ Auftreten oder „eindeutigere“ Kleidung, als es ihrem inneren Empfinden entspricht, um Anfeindungen oder Spott zu vermeiden.

Recht und Diskriminierung

Ein Geschlechtsausdruck, der von Rollenerwartungen an Männer/Jungen und Frauen/Mädchen abweicht, ist häufig Anlass für Diskriminierung und Gewalt. Expert*innen fordern darum eine explizite Aufnahme dieses Merkmals unter die Schutzgründe des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).1 

Die Geschlechtsidentität ist – unter dem möglicherweise etwas missverständlichen Oberbegriff der „sexuellen Identität“ – im AGG bereits berücksichtigt. Mit seinem Beschluss vom 10. Oktober 2017 hat das Bundesverfassungsgericht den Schutz der Geschlechtsidentität noch einmal gestärkt und festgestellt, dass er auch für Menschen gilt, die sich nicht als Mann oder Frau identifizieren.2

1 Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2015): Gleiche Rechte – gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Bericht der unabhängigen Expert_innenkommission der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Berlin: Antidiskriminierungsstelle des Bundes, S. 31. Zuletzt abgerufen am 07.11.2022 von  https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/Literatur/Literatur_Themenjahr_Geschlecht/Handlungsempfehlungen_Kommission_Geschlecht.pdf;jsessionid=03C4F736FA31DE35C091221C0C316819.intranet212?__blob=publicationFile&v=2.

2 Völzmann, Berit (2017): „Gleiche Freiheit für alle! Zur freiheitsrechtlichen Begründung des BVerfG in der Entscheidung zur Dritten Option“. In: Verfassungsblog.de, 17.11.2017. Zuletzt abgerufen am 24.04.2018 von verfassungsblog.de/gleiche-freiheit-fuer-alle-zur-freiheitsrechtlichen-begruendung-des-bverfg-in-der-entscheidung-zur-dritten-option/.