Anzeigen statt schweigen: Queerfeindliche Hasstaten sichtbar machen

Das Jahr 2022 war für die LSBTIQ*-Community – neben Erfolgen und Fortschritten – auch von zahlreichen Fällen queer- und insbesondere trans*-feindlicher Gewalt geprägt; trauriger Höhepunkt war der Tod des jungen trans* Mannes Malte C.. Er verstarb, nachdem er beim CSD in Münster zwei Frauen, die offenbar beleidigt und bedroht wurden, zu Hilfe geeilt war und niedergeschlagen wurde. Um dem Hass entschieden entgegenzutreten, arbeiten Bund, Länder und die queere Community im Umsetzungsprozess des Aktionsplans „Queer leben“ gemeinsam an verschiedenen Maßnahmen. 

Immer wieder wird in den Medien davon berichtet, dass lsbtiq* Personen beleidigt und tätlich angegriffen werden. Bei solchen hassmotivierten Straftaten attackieren die Täter*innen ihre Opfer in der Annahme, dass diese queer sind. Wer zu dieser Bevölkerungsgruppe gehört oder ihr – etwa aufgrund von Stereotypen und diskriminierenden Annahmen – zugerechnet wird, soll durch die Vorfälle eingeschüchtert werden. Damit schaden Hasstaten nicht nur den direkt Betroffenen, sondern der Gruppe der lsbtiq* Personen insgesamt: Diese sollen aus dem öffentlichen Raum und der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung ausgeschlossen, damit unsichtbar gemacht und an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit gehindert werden.

Bundesweit zahlreiche Gewaltvorfälle

Alleine im Jahr 2021 wurden insgesamt 1.051 Straftaten im Bereich der queerfeindlichen Hasskriminalität registriert, wie im Aktionsplan „Queer leben“ im Handlungsfeld „Sicherheit“ angeführt wird. Belastbare Zahlen aus den Jahren vor 2020 existieren nicht. Auch im noch jungen Jahr 2023 gab es bereits viele tätliche Angriffe gegen lsbtiq* Personen, dokumentiert der Lesben- und Schwulenverband in seiner Chronik queerfeindlicher Gewaltvorfälle.

Viele Opfer scheuen eine Anzeige

Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, denn viele Betroffene befürchten mangelndes Verständnis bei der Polizei, wie die im Jahr 2020 veröffentlichte Studie „A long way to go for LGBTI equality“ der Europäischen Grundrechteagentur zeigt. 25 Prozent der befragten Gewaltopfer in der Europäischen Union, die einen Vorfall nicht angezeigt hatten, gaben im Rahmen der Studie an, dass sie Angst vor homophoben oder transphoben Reaktionen der Polizei hätten.
Hinweise auf ein hohes Dunkelfeld gibt auch der im Februar 2023 veröffentlichte Jahresbericht der LSBTIQ*-Dachorganisation ILGA-Europe (PDF): In Deutschland seien ungefähr 90 Prozent der Hasstaten im Jahr 2022 nicht gemeldet worden. Gleichzeitig sei alleine in Berlin die Häufigkeit solcher Taten im selben Jahr um 17 Prozent gestiegen.

Um aufzuklären und betroffenen Menschen beizustehen, haben mehrere Bundesländer zentrale Anlaufstellen für lsbtiq* Gewaltopfer eingerichtet, wie zum Beispiel die Zentrale Ansprechstelle LSBTIQ* des Landes Schleswig-Holstein.

Gemeinsam gegen Gewalt – die Maßnahmen der Bundesregierung

Auf Bundesebene sind Maßnahmen gegen Hasskriminalität im Rahmen des Handlungsfelds „Sicherheit“ ein wichtiger Bestandteil des Aktionsplans „Queer leben“. So hat die Bundesregierung bei ihrer Kabinettssitzung am 21. Dezember 2022 beschlossen, dass queerfeindliche Taten künftig strenger verfolgt und als Tatbestand in § 46 Strafgesetzbuch ergänzt werden sollen. Der Gesetzentwurf beinhaltet Tatmotive, die sich auf die Geschlechtsidentität oder die sexuelle Orientierung des Opfers beziehen.

Lesen Sie mehr zum geplanten Gesetz gegen Hasskriminalität auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Der Aktionsplan „Queer leben“ der Bundesregierung umfasst darüber hinaus weitere Maßnahmen, die zeitnah umgesetzt werden sollen. Dazu gehört beispielsweise eine verbesserte statistische Erfassung von Übergriffen. In dem den Aktionsplan begleitenden Arbeitsgruppenprozess werden sowohl die Erfahrungen und das Wissen der Interessenvertretungen der queeren Community als auch die Expertise der Landes- und Bundesministerien einfließen.
Daneben wurde ein temporärer Arbeitskreis Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt einberufen. Die Teilnehmenden dieses unabhängigen Expert*innengremiums aus Wissenschaft, Praxis und der LSBTIQ*-Community befassen sich seit der Auftaktsitzung im September 2022 mit Strategien zur besseren Prävention und Bekämpfung von Hasskriminalität. Die vom Arbeitskreis erarbeiteten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen sollen noch in diesem Jahr der Innenministerkonferenz vorgelegt werden.

Mehr über die Maßnahmen der Bundesregierung erfahren Sie in der Pressemitteilung „Queerfeindliche Hasskriminalität entschieden bekämpfen und Betroffene unterstützen“ des BMI und im Aktionsplan „Queer leben“ (PDF).

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