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Vornamen und Geschlechtseintrag ändern per „Transsexuellengesetz“

Wie man seinen Namen oder den Geschlechtseintrag in offiziellen Dokumenten ändern kann, wenn sie nicht der eigenen Identität entsprechen, ist im sogenannten „Transsexuellengesetz“ geregelt. Dabei gibt es einiges zu beachten.

Das „Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG)“ aus dem Jahr 1980 erlaubt es, neue Vornamen anzunehmen und den Personenstand von männlich zu weiblich oder von weiblich zu männlich zu ändern. Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom April 2020 ist es zudem möglich, den Geschlechtseintrag „divers“ zu wählen oder den Geschlechtseintrag ganz zu streichen.1 Es ist auch möglich, nur den oder die Vornamen zu ändern.

In allen Fällen muss nachgewiesen werden, dass die antragstellende Person sich aufgrund einer „transsexuellen Prägung“ nicht mit dem Geschlecht auf ihrer Geburtsurkunde identifiziert – und zwar seit mehr als drei Jahren und voraussichtlich dauerhaft.

Für die Vornamens- oder Personenstandsänderung muss die antragstellende Person weder geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen in Anspruch genommen haben oder nehmen noch fortpflanzungsunfähig sein. Dies steht zwar noch im TSG, gilt aber nicht mehr, seit diese Teile des Gesetzes 2011 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurden.

Wie läuft das Verfahren ab?

Zunächst muss ein formloser Antrag bei dem zuständigen Amtsgericht gestellt werden. Das Gericht beauftragt zwei Gutachter*innen, die in Gesprächen mit der antragstellenden Person feststellen sollen, ob die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Weniger als ein Prozent der Gutachten sprechen sich gegen die gewünschte Änderung aus.2

Auf Grundlage der beiden Gutachten und eines persönlichen Gesprächs mit dem*der Richter*in entscheidet das Gericht über den Antrag. Weniger als fünf Prozent der TSG-Anträge werden abgelehnt.3 Bei Ablehnung kann man Widerspruch einlegen oder mit etwas Abstand einen neuen Antrag stellen.

Ein TSG-Verfahren dauert zwischen fünf und zwanzig Monaten, im Durchschnitt neun Monate.4 Es kostet durchschnittlich 1.868 Euro.5 Wer ein geringes Einkommen und Vermögen hat, kann Verfahrenskostenhilfe beantragen.

Kann ich das TSG-Verfahren auch nutzen, wenn ich

… weder Mann noch Frau bin?

Viele Gutachter*innen wissen, dass die „gegengeschlechtliche“ Identifikation, die das TSG verlangt, dem Selbstverständnis vieler trans* Menschen mit Wunsch nach Vornamens- oder Personenstandsänderung nicht entspricht. Sie schreiben daher auch für Menschen, die sich als nicht-binär identifizieren, befürwortende Gutachten.

… jünger als 18 oder in rechtlicher Betreuung bin?

Für Kinder und Jugendliche gilt das TSG ebenfalls; es gibt keine Altersgrenze. Diese wurde nämlich im Laufe der Zeit durch mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichtes außer Kraft gesetzt. Dabei geht es insbesondere um einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.03.1982 (1 BvR 938/81) und einen weiteren vom 26.01.1993 (1 BvL 38/92, 40/92, 43/92). Allerdings muss hier nach wie vor das elterliche Sorgerecht berücksichtigt werden.  Ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes aus dem Jahr 2017 (AZ: 10 WF 80/16) kommt zudem zu dem Schluss, dass die Notwendigkeit einer Zustimmung durch ein Familiengericht bei Kindern ab 7 Jahren entfällt.6 Weitere Informationen zu dem Thema können Sie hier finden.

Wer in rechtlicher Betreuung oder eingeschränkt bzw. nicht geschäftsfähig ist, braucht möglicherweise Unterstützung bei der Antragstellung. Betreuer*innen sind rechtlich verpflichtet, die Betreuten in der Ausübung ihrer Persönlichkeitsrechte zu unterstützen. Das schließt auch ein Leben in Einklang mit der Geschlechtsidentität ein, die ein betreuter Mensch zum Ausdruck bringt. 
 

… nicht die deutsche Staatsbürgerschaft habe?

Damit Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft das TSG-Verfahren nutzen können, muss eine von zwei Bedingungen gegeben sein:

  • Sie haben als Asylberechtigte, anerkannte Geflüchtete, staatenlose oder heimatlose Ausländer*innen ihren Wohnsitz in Deutschland.
  • Sie besitzen einen unbefristeten oder verlängerbaren Aufenthaltsstatus und wohnen dauerhaft in Deutschland. In diesem Fall muss nachgewiesen werden, dass es in ihrem Heimatland keine dem TSG vergleichbare Regelung gibt oder es unzumutbar ist, diese in Anspruch zu nehmen.

Was erleichtert mir das Verfahren?

Viele erleben die Begutachtungen als Entmündigung und Eingriff in ihre Privatsphäre und das Verfahren insgesamt als sehr belastend. In dieser Phase kann die Unterstützung und Beratung durch kompetente Anlaufstellen und Menschen mit TSG-Erfahrung sehr wichtig sein. Eine Übersicht über Angebote finden Sie hier.

Es ist möglich, dem Gericht schon bei Antragstellung Gutachter*innen vorzuschlagen. Das erhöht die Chancen auf eine kompetente und respektvolle Begutachtung. Lokale Beratungsstellen oder Trans*-Organisationen können Empfehlungen geben.

Da die Verfahrenskosten sich stark danach unterscheiden, wie viele Arbeitsstunden der*die einzelne Gutachter*in zu welchem Stundensatz berechnet, lohnt es sich, auch danach zu fragen und Preise zu vergleichen.

Sind die Informationen über meine alten Vornamen und meinen alten Geschlechtseintrag geschützt?

Nach einem erfolgreichen TSG-Verfahren dürfen der frühere Geschlechtseintrag und/oder Name nicht ohne Einverständnis der Person öffentlich gemacht oder ausgeforscht werden (§5 TSG, Offenbarungsverbot). Arbeitgeber*innen, Behörden, Banken und Schulen müssen von nun an den neuen Namen verwenden. Auch rückwirkend müssen Zeugnisse und andere Dokumente geändert werden. Wenn die ausstellende Organisation sich weigert, helfen ein Hinweis auf das Offenbarungsverbot oder die Unterstützung durch eine Antidiskriminierungsberatungsstelle.

Ein Recht auf neue Anrede – „Herr“ statt „Frau“ oder umgekehrt – besteht auch bei einer Vornamensänderung nach dem TSG ohne Personenstandsänderung.

Welche aktuellen Entwicklungen gibt es?

Am 23.08.2023 hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet, das die rechtliche Situation von trans*, inter* und nichtbinären Menschen grundlegend verbessern soll. Derzeit wird im Parlament über das Gesetz beraten. Der Gesetzentwurf sieht ein Inkrafttreten am 1. November 2024 vor.

1Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. April 2020, AZ XII ZB 383/19. Zuletzt abgerufen am 22. 06. 2021 von https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2020&Seite=1&nr=106062&pos=41&anz=731&Blank=1.pdf

2 Adamietz, Laura/Bager, Katharina (2017): Regelungs- und Reformbedarf für transgeschlechtliche Menschen. Begleitmaterial zur Interministeriellen Arbeitsgruppe Inter- & Transsexualität, Bd. 7. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, S. 12. Zuletzt abgerufen am 07.12.2017 von https://www.bmfsfj.de/blob/jump/114064/regelungs--und-reformbedarf-fuer-transgeschlechtliche-menschen---band-7-data.pdf .

3 Ebd.

4 Ebd., S. 11.

5 Ebd., S. 12