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Mein Kind ist trans*

„Papa, ich bin gar kein Junge.“ Wenn Ihr Kind sich nicht mit dem Geschlecht identifiziert, das ihm biologisch vorgezeichnet scheint, sind Sie als Eltern plötzlich mit vielen Fragen konfrontiert. Erste Antworten finden Sie hier.

Bin ich schuld, dass mein Kind trans* ist?

Wie Geschlechtsidentität entsteht, ist nicht abschließend geklärt. Als sicher gilt, dass mehrere Faktoren zusammenwirken.1 Sie können Transgeschlechtlichkeit durch Erziehung weder hervorrufen noch „verhindern“. Positiv beeinflussen können Sie jedoch die Lebensqualität Ihres Kindes: Trans* Kindern, die von ihrem Umfeld im Identitätsgeschlecht anerkannt werden, geht es psychisch genauso gut wie ihren Altersgenoss*innen.2

Woher weiß ich, dass das nicht nur eine Phase ist?

Kinder, die Unbehagen an dem Geschlecht äußern, in dem sie aufgezogen werden, können später unterschiedliche Entwicklungen nehmen. Ob die Wünsche Ihres Kindes von lebenslanger Dauer sein werden oder nicht – für sein gegenwärtiges Leben sind sie wichtig und sollten in jedem Fall ernst genommen werden. Dauerhaft nicht zeigen zu dürfen, wer man ist, ist für Kinder mit erheblichem Leiden verbunden.3

Erlauben Sie darum Ihrem Kind, sich in seiner Geschlechtsidentität auszuprobieren – wenn es sich später für die „alte“ oder eine ganz andere Rolle entscheidet, ist auch das okay. 

Wie kann ich mein Kind unterstützen?

Dass Sie Ihr Kind in seinen Äußerungen über sich selbst, sein inneres Erleben und seine Wünsche ernst nehmen, ist der erste Schritt und unendlich wertvoll. Wenn Sie Ihr Kind als Expert*in für sein Leben sehen, werden Sie auch erfahren, ob und was es von Ihnen braucht. Vielleicht möchte Ihr Kind Kleidung oder Namen tragen, mit denen es sich wohler fühlt. Oder es wünscht sich Ihre Rückendeckung, wenn es außerhalb der Familie seiner Identität entsprechend auftritt.

Für eine Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag gibt es kein Mindestalter. Auch ohne diesen offiziellen Vorgang darf die Kita oder Schule Ihr Kind seinem Geschlecht entsprechend ansprechen und schriftlich mit dem gewünschten Namen führen.

Über medizinische Wege der Geschlechtsangleichung, die für Ihr Kind eventuell später interessant werden, kann und muss vor Beginn der Pubertät noch nicht entschieden werden.

Wer unterstützt mich?

Viele Eltern von trans* Kindern treibt die Sorge um, das eigene Kind könne nicht glücklich werden. Manche erleben Trauer, Hilflosigkeit oder Scham. Auch kann es zu Konflikten über die richtige Reaktion auf die Wünsche des Kindes kommen: mit dem anderen Elternteil, mit Verwandten oder Erzieher*innen.

Für solche Fälle gibt es Angebote und Räume, in denen Ihre Fragen und Sorgen ebenso Platz haben wie Ihr Wunsch, für Ihr Kind da zu sein: zum Beispiel spezialisierte Beratungsstellen oder Freizeitaktivitäten für Familien mit trans* Kindern. Informationen zu Beratungs- und Freizeitangeboten finden Sie hier. Dort gibt es auch ermutigende Geschichten zu hören von Kindern, die aufblühen, wenn ihnen ihr Geschlecht endlich geglaubt wird.

1 Polderman, Tinca J. C./Kreukels, Baudewijntje P. C./Irwig, Michael S./Beach, Lauren/Chan, Yee Ming/Derks, Eske M./Esteva, Isabel/Ehrenfeld, Jesse/Den Heijer, Martin/Posthuma, Danielle/Raynor, Lewis/Tishelman, Amy/Davis, Lea K. (2018): „The Biological Contributions to Gender Identity and Gender Diversity: Bringing Data to the Table“. In: Behav Genet. 2018, 48/2, S. 95-108.

2 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2017): Zusammenfassung Forschungsergebnisse und Erkenntnisse des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus der Begleitarbeit zu der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Inter- & Transsexualität“ (IMAG), S. 12f. Zuletzt abgerufen am 16.03.2018 von https://www.bmfsfj.de/blob/120644/43bb314f1e59312be4572a3a87c6d855/neuer- inhalt--1--data.pdf.

3 Ebd., S.13.

Weiterführende Informationen:

Ahrbeck, Bernd/ Felder, Marion [Hrsg.] (2022): Geboren im falschen Körper. Genderdysphorie bei Kindern und Jugendlichen, Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH.  

Meyenburg, Bernd (2020): Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter, Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH.

Romer, Georg/ Lempp, Thomas (2022): „Geschlechtsinkongruenz im Kindes- und Jugendalter. Ethische Maßgaben und aktuelle Behandlungsempfehlungen“. In: https://www.thieme-connect.com/. Zuletzt abgerufen am 02.02.2023 von https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1796-5491.pdf.